Umrüstung der werksseitig verbauten R12-Klimaanlage auf das FCKW-freie Kältemittel R134a
Einleitung:
Meistens wird es im Frühjahr bemerkt: Die alte Klimaanlage will nicht mehr so richtig, also fährt man zur Werkstatt, möchte sie neu füllen lassen und der Mechaniker sagt: "Tut mir leid, das ist eine alte Anlage, die kann ich nicht befüllen". "Ob sich aber eine Umrüstung lohnt"?! "Da vorne steht so ein schöner Jahreswagen, wir machen Ihnen auch ein gutes Ankaufsangebot für Ihren Alten ... ".
Wir verlassen kommentarlos und mit viel Wut im Bauch das Werkstattgelände...
Vorab-Info:
Getauscht werden alle Dichtringe, die Trocknerflasche, das Expansionsrohr und das Kompressoröl. Diese Umrüstsätze liegen bei ca. 100-120 Euro, die Füllung mit neuem Kältemittel + Kontrastmittel liegt bei ca. 70-80 Euro.
Alte Kompressoren sind meistens undicht wenn die Klima mit der Zeit leer geworden ist und deshalb nicht mehr gelaufen ist weil der Fahrer kein Geld in eine Umrüstung der Anlage investieren wollte! Undichte Kompressoren stellt man aber nur mit einer Kältemittel-Sonde fest. Diese Lecksucheprozedur hat der ein oder andere vielleicht mal in einer Werkstatt beim Klimacheck beobachtet. Ein kleines Kästchen mit langem flexiblem Rohrstück womit man den Kompressor sowie die restlichen Anlagenteile rundherum abtastet (bzw. genauer gesagt "abschnüffelt) und es piepst wenn ein Leck gefunden wurde. Leider haben die wenigsten Werkstätten so eine Sonde, was nicht zuletzt auch am Preis von diesem Gerät liegt :-(. Ich habe mir jedoch selbst für den Hobbybedarf eine der einfacheren Ausführungen gekauft, denn nur damit ist eine wirklich zuverlässige und effiziente Lecksuche durchführbar.
Falls man ein Leck am Kompressor findet kommt es zur Entscheidung: Ein Kompressor in einem Wagen mit ca. 250-300tkm Laufleistung lohnt sich meistens kaum zu überholen und neu abzudichten. Ein Neuteil ist hier eindeutig die sinnvollere Investition. Wer aber meint, der alte Kompressor sei vermutlich noch brauchbar, der entnimmt ihm vor der Umrüstung etwas vom alten Öl und überprüft es. Kein Abrieb und auch keine Schmutzteilchen dürfen in der Schwebe zu finden sein: Sauberes Öl, das ist die Mindestvoraussetzung, wenn man einen alten Kompressor beibehalten will! Dunkelbraunes oder schwarzes Öl = Kompressor verschlissen, Tausch unumgänglich!!!
Folgendes zu beachten gibt es bei Anlagen mit vielen Schläuchen, d.h. nur wenigen starren Rohrleitungen: Diese Schläuche halten das neue Kältemittel R134a über die Monate und Jahre nicht so gut in der Anlage wie es beim alten Kältemittel R12 der Fall war. Die Diffusion der wesentlich kleineren R134a-Moleküle nach außen durch die Schlauchwandung ist dabei recht groß, sodass die Anlage nach spätestens 2-3 Jahren wieder nachgefüllt werden muss. Zwar wird behauptet, dass das Kompressoröl in die Schläuche eindringt und somit eine Barriere für die kleinen R134a-Moleküle bildet, aber dem Entgegen steht nunmal die Tatsache, dass auch Klimaanlagen von Neuwagen nach spätestens etwa 3-4 Jahren nachgefüllt werden müssen (man rechnet mit ca. 80-250 Gramm Kühlmittelverlust pro Jahr je nach Anlagentyp).
Bei Anlagen mit überwiegend Aluleitungen ist das Problem nicht so stark ausgeprägt. Es sollte bei einer Umrüstung also auch darüber nachgedacht werden ob man vorhandene Schläuche nicht teils gegen Aluleitungen von Schlachtfahrzeugen oder vom Fahrzeugverwerter umtauschen möchte.
Auch Anfertigungen von Aluleitungen nach Maß sind inzwischen recht preiswert geworden. Lediglich dem Verlauf der Rohre und den Verschraubungen muss Beachtung geschenkt werden, damit hinterher alles passt wie original. Im Regelfall ist so ein Umbau möglich, bei der 700/900er-Reihe auf jeden Fall! Davon abgesehen unterliegen 15-20 Jahre alte Schlauchleitungen auch einem natürlichen Alterungsprozess, der sie leicht undicht werden lässt, bzw. der Diffusion weniger entgegen zu setzen hat. Wer also "sauber" umrüsten möchte, der erneuert die Schlauchleitungen und greift zur Alternative mit etwas mehr Rohrleitung anstatt Schlauchleitung. Erfahrungsgemäß genügen 15-30cm Schlauchstück direkt am Kompressor zur Aufnahme von Bewegungen und Schwingungen, der Rest der Anlage kann aus starren Rohrleitungen bestehen.
Der Umbau:
Die Anlage wird abgesaugt, vorhandene Kältemittelreste von R12 nimmt der Kältemitteltechniker zur Entsorgung zurück. Anschließend werden alle Verschraubungen der Anlage im Motorraum lokalisiert. Diese befinden sich am Kompressor, am Kondensator (der "Kühler" der Anlage - ganz vorne direkt hinter dem Kühlergrill) bzw. in dessen Nähe, an der Trocknerflasche und an der Spritzwand wo die Leitungen in den Fahrzeuginnenraum verlaufen. Es ist je nach Modell und Ausführung möglich, dass man Leitungen findet, die aufgrund ihrer Länge zweigeteilt sind und deshalb weitere Verschraubungen aufweisen. Hinter all diesen Verschraubungen befindet sich ein kleiner elastischer O-Ring, dieser muss ersetzt werden, da das neue Kühlmittel sowie Öl das Material alten O-Ringe auf Dauer zersetzt!
Bei der Bestellung des Umrüstsatzes muss der genaue Fahrzeugtyp angegeben werden. Hat man eine Anlage mit vielen Schläuchen zu einer Anlage mit überwiegend Alurohren umgebaut so muss natürlich der Fahrzeugtyp angegeben werden, aus dem man die Alurohre verbaut.
Wenn der komplett Umrüstsatz im Paket vor einem liegt sollte man sich an's zählen und abschätzen begeben! Stimmt die Anzahl O-Ringe? Passen sie ungefähr? Sieht die Trocknerflasche gleich aus wie der alte? Hat der Trockner einen kleinen Anschluss mit Innengewinde bzw. einen Adapter dafür (hier wird später das Füllgerät angeschlossen)? Ist ein um 90° abgewinkeltes "Ding" mit Gewinde und roter Kappe dabei (dazu kommen wir später)?
Wurde der Umrüstsatz korrekt geliefert, dann folgt der Einbau. Man sollte sich allerdings vorher die passenden Gabelschlüssel für die Verschraubungen besorgt haben, oder noch besser, einen Bremsleistungschlüssel, für die kleinen Verschraubungen am Kondensator bis Baujahr 1990. Ein "Engländer" (Rollgabelschlüssel) ist dabei auf jeden Fall sehr hilfreich für die großen Verschraubungen, denn man besitzt ja meistens nur ein Sortiment an Gabelschlüsseln, und meistens reicht es nur bix Schlüsselweite 19 oder 20! Bevor die Verschraubungen geöffnet werden, sollten sie mit Kriechöl oder sonstigem Rostlöser eingesprüht werden - das Ganze sollte dann einige Stunden einwirken bevor die Schrauberei los geht. Speziell die Verschraubungen am Kondensator und am Fahrzeugunterboden sollten so behandelt werden damit sie später schadfrei zu öffnen sind.
Nach und nach wird eine Verschraubung nach der anderen geöffnet: Alten O-Ring rückstandsfrei herausnehmen, den Sitz an beiden Leitungen mit einem fusselfreien Tuch (sehr gut eignen sich alte Wildlederlappen) abwischen, neuen O-Ring leicht einölen (mit dem neuen Kompressoröl), sauber auf den Sitz an der Leitung auflegen, beide Leitungen zusammenführen, zusammenhalten und die Verschraubung zudrehen. Dabei stets die Rohre gerade halten, sonst verkanten sie sich während man schraubt und es entsteht später eine undichte Stelle. Wird die Verschraubung auf den letzten Gewindegängen angezogen, so ist große Vorsicht geboten! Lieber etwas schwächer anziehen, denn diese dünnen Aluleitungen sind sehr spröde und verbiegen/brechen leicht! Das gilt natürlich auch, wenn man sie zum ersten mal löst, wobei das Kriechöl eigentlich die meisten Probleme mit festgebackenen Verschraubungen beseitigen sollte. In jedem Fall ist ein fest angesetzter Schraubenschlüssel und ein kurzer Schlag mit dem Hammer die bessere Lösung, als sich mit voller Kraft auf die spröde Verschraubung zu stützen!
Die Anzugmomente sind von Werk aus eher gering, zwischen 20 und 40Nm je nach Größe der Rohre und Überwurfmuttern
Nach beschriebener Vorgehensweise wird jede Verschraubung im Motorraum geöffnet, der Ring wird getauscht, der leicht eingeölte Ring kommt rein und die Verschraubung wird zugedreht. Es gibt übrigens keine Logik und Beschreibung in so einem Umrüstsatz - die Ringe müssen nach Augenmaß eingeschätzt werden, da sie aber in ihren Größen sehr unterschiedlich sind ist die Zuordnung kein Problem. Sollte sich im Umrüstsatz ein besonders dicker großer Ring finden, so gehört er an den Anschluss der Trocknerflasche, und zwar an die Verschraubung, an die der Verdampfer (Fahrzeuginnenraum) angeschlossen wird!
Wenn man zu den Verschraubungen am Kompressor kommt, folgt er Ölwechsel. Der Kompressor muss dazu aus der Halterung genommen und komplett ausgebaut werden. Es gibt je nach Kompressortyp irgendwo eine Öleinfüllschraube - sie wird gelöst, der Kompressor wird gedreht und das Öl in eine Ölauffangwanne abgelassen. Es sollte soviel Öl wie möglich abgelassen werden. Ein Wert um die 200ml ist schonmal ein sehr gutes Ergebnis, die meisten Kompressoren haben zwischen 180 und 250ml Ölfüllmenge.
Ist alles Öl abgelassen, so wird das neue Öl eingefüllt. Hierbei die jew. Füllmenge für den Kompresortyp beachten - 20ml mehr als angegeben sind erfahrungsgemäß in jedem Fall ratsam! Ist der Kompressor gefüllt, so wird die Schraube mit dem vorgeschriebenen Drehmoment angezogen, der Kompressor wird eingebaut, seine Verschraubungen bekommen die neuen O-Ringe und die Überwurfmuttern werden angezogen. Die Anschlusse beim Einbau nicht nach unten zeigen lassen - am besten auch mit einem fusselfreien Tuch verschließen, oder mit entsprechenden Verschlusskappen!
An der Trocknerflasche befindet sich ein Druckwächter - der Niederdruckwächter für die Saugseite der Anlage. Er sitzt rückseitig und zeigt etwa zum Fahrersitz. Ihm wird große Aufmerksamkeit beigemessen sobald die Anlage befüllt ist, denn er "entscheidet" wie kalt es im Innenraum wird. Zieht man den Stecker ab so findet man zwischen den beiden Zungen eine kleine Schraube. Werden die vorgeschrieben 6-8°C an den mittleren Belüftungsdüsen nach Befüllen der Anlage nicht erreicht, so muss diese Schraube um 1/8 Umdrehung verdreht werden. Welche Drehrichtung korrekt ist, ist nach dem Verdrehen zu prüfen.
Beim Austausch des Druckwächters, und besonders beim Eindrehen in die neue Trocknerflasche, ihn nur locker handfest eindrehen - alter und spröder Kunststoff bricht sehr gern! Auf keinen Fall mit einem Gabelschlüssel anziehen - handfest ist absolut ausreichend! Auch hier den neuen eingeölten O-Ring nicht vergessen.
Wichtig: Bevor es zum Auffüllen zur Werkstatt geht nimmt dann diesen meist rechtwinklig gebogenen "Hahn" mit roter Kappe und Anschlussgewinde aus dem Umrüstsatz und dreht ihn hinten am Kompressor auf die Verschraubung neben der dünneren von beiden Leitungen. Der Mechaniker wird später fragen wo der zweite Anschluss ist (nachdem er den ersten an der Trocknerflasche lokalisiert hat) ... und man kann dann gleich sagen: "hier unten, hinten am Kompressor". Allerdings muss man sich auch nicht beirren lassen, hat man keinen zweiten Anschluss, so kann man trotzdem füllen entgegen der Argumentation der meisten Werkstätten (und zwar mit JEDEM Füllgerät - auf die Werkstatt-Servicemitteilungen verweisen!).
Evakuierung und Füllung der Anlage:
Befüllt wird mit einem Anschluss dann in insgesamt 4 Etappen, jew. eine kurze Füllung, Motor mit Klima laufenlassen, wieder eine kurze Füllung usw. Mit zwei Anschlüssen wird nur einmal befüllt. Die Füllmenge liegt zwischen 900 und 1050 Gramm je nach Fahrzeugmodell und Kompressortyp (bei der Volvo-Werkstatt erfragen).
Die Füllmenge R134a beträgt etwa 20% weniger von der vorherigen R12-Füllmenge.
Die Evakuierung der Anlage sollte etwa eine Stunde dauern, ganz gleich ob der Mechaniker das anders sieht. Pfeift es an einer Verschraubung: Vorsichtig nachziehen - notfalls nochmal öffnen und anderen O-Ring verwenden (einölen nicht vergessen)! Nach der Evakuierung wird geprüft ob die Anlage das erzeugte Vakuum von ca. -0.9 bar hält, das ist gleichzeitig ein "kleiner Dichtheitstest".
Bei der Füllung unbedingt darauf besehen, dass Kontrastmittel mit eingefüllt wird! Etwa 2-3 Wochen nach der Füllung werden ALLE Leitungen und Verschraubungen sowie der Kondensator mit einer UV-Lampe abgeleuchtet. Sie macht das Kontrastmittel und damit ein ggf. vorhandenes Leck sichtbar.
Temperaturprüfung und Abschluss-Check:
Motor bei 1500-2000 U/Min laufenlassen.
Klimaanlage einschalten:
Bei einer Klimaautomatik mit einem Schalter mit Eisstern-Symbol wird dieser gedrückt und das blaue Feld rundherum leuchtet. Bei einer Klimaautomatik mit A/C-off-Schalter wird dieser nicht gedrückt (rotes Feld um den Schalter herum leuchtet nicht). Umluft-Taste betätigen (rote Umrandung leuchtet). Gebläse auf Stufe-5 stellen.
Bei einer älteren Klimaautomatik mit nur einem Schieberegler wird die Position "AUT" angewählt und das Temperatur-Einstellrad im blauen Feld bis zum Anschlag gedreht. Das Gebläse fährt bei betriebswarmem Motor dann automatisch auf die höchste Stufe und die Umluftfunktion wird aktiviert.
Bei einer älteren manuellen Klimaanlage wird der Heizungsregler zum linken Anschlag geschoben, der obere Schieberegler auf das große Eisstern-Symbol gestellt oder in den Bereich, der mit A/C markiert ist (linke Reglerstellung im A/C-Feld).
Bei einer neueren manuellen Klimaanlage wird der Heizungsregler zum linken Anschlag gedreht, die Eisstern-Taste gedrückt und die Umluft-Taste gedrückt (rote Umrandung leuchtet). Maximale Gebläsestufe einschalten. Bei beiden Anlagen die Stellung "Kopf" oder "vent" anwählen.
Alle Luftaustrittsdüsen im Armaturenbrett müssen voll geöffnet sein.
Startet die Anlage, so zieht die Magnetkupplung des Kompressors mit einem deutlich hörbaren "KLACK" an - sie sollte ab 25°C Außentemperatur in den nächsten paar Sekunden auch kein weiteres "KLACK" von sich geben, denn das deutet auf eine vorzeitige Abschaltung hin. Entweder ist der Abschaltpunkt zu früh gewählt (Druckwächter am Trockner über die Schraube justieren) oder die Anlage hat bereits Kältemittel verloren und die Schutzabschaltung ist in Kraft getreten. Oder aber sie wurde nicht ausreichend befüllt.
Temperatur an den mittleren Düsen im Armaturenbrett messen: Solltemperatur ca. 6-8°C bis 30°C Außentemperatur. Bei 40°C Außentemperatur 8-12°C Solltemperatur, gemessen an den Mitteldüsen.
Wenn die korrekte Solltemperatur erreicht ist, ist die Umrüstung, Füllung und der anschließende Check hiermit abgeschlossen!
Nacharbeiten:
Ist kein Leck sichtbar und die Klima hat seit der Füllung an Leistung verloren, so kommt die Aktion mit der Sonde und der Lecksuche am Kompressor - also eine Werkstatt suchen, die dieses seltene Teil besitzt!